Marc Raabe
Der Schock
Verlag: Ullstein
Erscheinungsjahr: 2013
Seiten: 395
ISBN: 3548285244
~°~ Klappentext ~°~
Bei einem Unwetter an der Cote d’Azur begegnet Laura Bjely ihrem schlimmsten Alptraum. Ihr Freund Jan findet später nur noch ihr Smartphone – mit einem verstörenden Film im Speicher. Kurz darauf wird in Berlin die Leiche von Jans Nachbarin entdeckt. Auf ihrer Stirn steht eine blutige Nachricht. Allen Warnungen zum Trotz sucht Jan weiter nach Laura. Dabei stößt er auf einen Abgrund aus Wahnsinn und Bösartigkeit.
~°~ Eindrücke / Meinung ~°~
„Froggy“ wird in der Schule gehänselt. Sein Leben ist ohnehin nicht einfach, denn er leidet an Albinismus. Seine Mutter will eben dieses verbergen, so dass ihr Sohn nicht ungeschminkt das Haus verlassen darf. Da das MakeUp nicht alles aushält, darf er auch bald außer Haus nicht mehr toben oder gar essen.
Dies erfährt der Leser aus dem Prolog und damit wurde bei mir auch sofort eine Mischung aus Mitleid und Verständnis geweckt. Was für ein Leben für Kind! Das er geschminkt wird kann ja durchaus noch etwas gutes haben, nämlich das keiner seinen Albinismus bemerkt und er somit eben nicht gehänselt wird. Aber das er sonst nichts darf, stets aufpassen muss,… Ein kleiner Junge der nicht toben darf? Das ist keine schöne Kindheit und das seine Mutter ihn so versteckt muss irgendwann Störungen und Neurosen bei Fjodor auslösen. Wirklich sehr traurig, aber auch ein sehr schönes Beispiel was „falsche“ Erziehung anrichten kann.
Sehr schön finde ich das sich der Autor hier mit dem Thema Albinismus, ebenso wie über die Zwangsstörungen wirklich sehr gut informiert hat. Fachbegriffe werden so erklärt, dass sie jeder verstehen kann uns auch die Hintergründe (Wieso macht der Täter genau das, was er eben macht.) sind sehr gut ausgearbeitet. So lernt der Leser auch gleich noch etwas während er in einem spannenden Roman versinkt.
Auch Jan hat es nicht leicht, denn er ist mit einem Feuermal gezeichnet. Dennoch hat es ihn nicht davon abgehalten Psychologie zu studieren. Durch ihn erfährt der Täter oft die Hintergründe, denn wie es sich für ein Psychologenklischee gehört, hat Jan den Drang immer alles zu analysieren.
Mit einigen Freunden möchte Jan an der Cote d’Azur ein paar schöne Tage verbringen. Doch dann verschwindet plötzlich Laura, seine Jugendliebe. Er macht sich große Sorgen und begibt sich auf die Suche, diese führt ihn zurück nach Deutschland. Doch kaum dort angekommen wird er von der Polizei gesucht und befindet sich mitten in den psychischen Abgründen eines psychisch Gestörten.
Der Leser bekommt hier Einblick in drei verschiedene Personen (physisch wie psychisch), die doch auf eine Art gleich sind: Ihnen fehlte in frühster Kindheit die Anerkennung. Sie alle liebten und litten. Alle Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, aber diese drei ganz besonders. Der Leser lernt sie mit jeder Seite so gut kennen, dass er sich letzten Endes in sie hineinversetzen kann.
Die Kapitel sind recht kurz gehalten, was aber dem Stil entspricht, denn sie sind wie ein Protokoll aufgebaut. Jedes beginnt mit Datum, Uhrzeit und Ort. Beispiel:
„17. Oktober 21:55 Uhr, Èze an der Cote d’Azur“.
Eine etwa andere, aber wirklich sehr passende Art.
Der Schreibstil ist flüssig. Ab und an wird Slang benutzt, glücklicherweise ist dieser Roman aber nicht voll davon. Immer wieder schafft Marc Raabe es falsche Spuren zu legen und den Leser in die Irre zu führen. Das Ende ist überraschend, aber äußerst genial. (Und wird an dieser Stelle natürlich NICHT verraten! ;))
~°~ Fazit ~°~
Ein super schauriger schöner Thriller der tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt.