Lesebändchen der Rache

Wie mein Teenie-Gedicht in die Frankfurter Bibliothek kam – und meine Mutter es (nicht) erkannte.

Lesebändchen der Rache

Es war einmal ein Teenager mit Herzschmerz. Genauer gesagt: Ich.
Ein Hormonchaos auf zwei Beinen, irgendwo zwischen Schwärmerei und Selbstzweifeln. Und wie das manchmal so ist, wenn man als Mensch mit zu vielen Gefühlen durchs Leben stolpert, suchte ich nach einem Ventil – und fand es im Schreiben.

Das Gedicht trug den Titel „Wege der Liebe“.
Melancholisch, pathetisch, ehrlich. Ich war wahnsinnig stolz auf diesen Text. Stolz genug, um ihn meiner Mutter zu zeigen – in der naiven Hoffnung auf ein anerkennendes Nicken oder gar ein „Wow, du hast Talent!“.

Aber stattdessen kam:

„Wo hast du das denn abgeschrieben?“

BUMM.
Mein inneres Poesieherz ist damals ungefähr 37 Mal in sich zusammengefallen. Ich war verletzt, enttäuscht – und vor allem überzeugt davon, dass meine Zeilen offenbar zu gut wirkten, um von mir zu stammen. Na bravo.

Zeitsprung. Viele Jahre später.

Ich hatte das Gedicht nicht vergessen. Ganz im Gegenteil: Ich reichte es – ganz heimlich, ganz leise – bei einem Wettbewerb ein. Ohne große Erwartungen. Einfach nur mit dem Wunsch, gehört zu werden.

Und dann kam die Nachricht:

„Ihr Gedicht wird in der Frankfurter Bibliothek veröffentlicht.“

Ja, DER Frankfurter Bibliothek.
Die Lyrik-Sammlung, die in Schulen, Universitäten und Bibliotheken steht. Die von der Brentano-Gesellschaft herausgegeben wird.
Ich war – im besten Sinne – fassungslos.

Natürlich bestellte ich mir sofort ein Exemplar.
Und dann noch eins – für meine Mutter.
Mit Lesebändchen. Platziert. Genau. Bei. Meinem. Gedicht.

Ich überreichte es ihr zum Geburtstag, während die gesamte Verwandtschaft am Tisch saß.
Mit einem süßesten Lächeln sagte ich:

„Das habe ich übrigens NICHT abgeschrieben.“

Ihre Reaktion?

„Hatte ich das gesagt? … Kann mich gar nicht erinnern …“

Und die Moral von der Geschicht?

Manchmal braucht es ein paar Jahre, ein wenig Mut – und ein Lesebändchen mit Humor, um zu zeigen, was in einem steckt.
„Wege der Liebe“ war mein erster kleiner großer literarischer Erfolg. Und auch wenn ich heute stilistisch (und emotional 😅) ein bisschen anders schreibe – dieses Gedicht bleibt ein Stückchen Herzgeschichte.
Und ein Beweis dafür, dass man sich selbst nicht unterschätzen sollte. Auch dann nicht, wenn andere es tun.

Hast du auch so eine Geschichte in der Schublade?
Ich bin gespannt – schreib mir gerne oder kommentiere! 💬💌

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