Chronisch krank & keine Chance? Warum wir ein Grundeinkommen brauchen

Manchmal flüstert der Körper.
Manchmal schreit er.
Meiner hat irgendwann gesagt:
„So geht es nicht weiter.“
Und ich hatte keine Wahl, als zuzuhören.

Dieser Text ist Teil der Blogparade „Grundeinkommen und Krankheit“,
aber er ist noch mehr:
Ein Stück meiner Geschichte.
Ein Aufschrei.
Und eine Einladung, hinzusehen – gerade dort, wo viele lieber wegsehen.

Warum ein Grundeinkommen für chronisch Kranke überlebenswichtig ist

…und wie wir endlich aufhören könnten, Menschen kaputtzumachen

Ich bin chronisch krank. Und das ist okay.
Nicht, weil ich es mir ausgesucht hätte.
Sondern weil mein Körper irgendwann gesagt hat:
„So geht das nicht weiter.“

Was aber nicht okay ist:
Wie unsere Gesellschaft mit Menschen wie mir umgeht.
Mit uns.
Mit denen, die „nicht mehr so können wie früher“.
Mit denen, die nicht in das Schema F passen.
Mit denen, die nicht rund um die Uhr leisten – weil sie oft schon damit beschäftigt sind, zu überleben.

Migräne – mein ständiger Schatten

Ich lebe seit Jahren mit Migräne.
Nicht diese „Ich hab mal Kopfschmerzen“-Variante, die man mit einer Tablette und einem Käffchen weglächelt.
Sondern das volle Programm:
Flimmern. Taubheit. Sprachstörungen. Übelkeit. Schmerzen, als würde jemand mein Gehirn auswringen.
Und das mehrmals im Monat. Manchmal tagelang.
Manchmal so heftig, dass ich nicht weiß, wie ich die nächsten Stunden überstehen soll – geschweige denn einen Arbeitstag.

Wenn du das kennst, brauchst du keine Erklärung.
Wenn du das nicht kennst, kannst du es dir vermutlich nicht vorstellen.

Aber ich versuch’s trotzdem:

Stell dir vor, dein ganzes System fährt runter.
Nichts funktioniert mehr richtig – und du weißt nicht, wann (oder ob) du wieder hochfährst.
Und trotzdem: Du musst.
Weil du sonst deinen Job verlierst.
Weil du sonst in Erklärungsnot kommst.
Weil du sonst… einfach nicht mehr weißt, wie du leben sollst.

Krank sein heißt nicht nur „krank sein“

Krank sein heißt in unserer Welt nicht: „Kurier dich aus und komm wieder.“
Es heißt:

  • Anträge ausfüllen
  • dich rechtfertigen
  • jeden Tag versuchen, normal zu wirken
  • Angst haben, zu versagen
  • Angst haben, nicht mehr gebraucht zu werden
  • und manchmal sogar: Angst vorm Leben selbst.

Denn: Wenn du nicht mehr funktionierst, bist du in diesem System schnell nur noch ein Kostenfaktor.

Und ganz ehrlich? Das macht was mit einem.
Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.
Diese Angst frisst still. Sie nagt. Sie macht klein.
Und sie macht uns krank – noch kränker als wir eh schon sind.

Arbeiten mit Migräne – warum ich mir mein Leben anders wünsche

Ich arbeite trotzdem.
Ich habe sogar ein eigenes kleines Business gegründet, weil ich gemerkt habe:
In einem klassischen 9-to-5-Job gehe ich zugrunde.
Ich brauche Freiraum, Flexibilität, Pausen – und Tage, an denen einfach nichts geht.

Aber Selbstständigkeit ist kein Ponyhof.
Ich liebe meine Arbeit – die Kunst, das Schreiben, die Gestaltung.
Aber sie trägt (noch) nicht.
Ich baue sie mühsam auf. Zwischen Migräne-Schüben, Hautkrisen (Hallo Neurodermitis 🙃), Behördenformularen und einer brotbringenden Teilzeitstelle, die mich oft mehr Kraft kostet, als sie bringt.

Ich schreibe E-Mails mit zitternden Fingern.
Verpacke Bestellungen mit pochendem Kopf.
Und lache auf Social Media, während ich innerlich gerade zusammenbreche.

Warum?
Weil ich Angst habe.
Angst, nicht mehr gesehen zu werden.
Angst, als „die mit der Migräne“ abgestempelt zu sein.
Angst, dass meine Träume auf dem Boden der Realität zerschellen.

Was wäre, wenn es ein Grundeinkommen gäbe?

Nicht als Allheilmittel.
Nicht als „fauler Wunschtraum“.
Sondern als Basis. Als Sicherheitsnetz. Als Luft zum Atmen.

Ich könnte…

  • endlich ohne Angst kreativ arbeiten
  • Pausen machen, wenn mein Körper sie braucht
  • Projekte mit echter Energie umsetzen
  • mehr geben – weil ich nicht ständig ums Überleben kämpfen muss

Ich würde nicht aufhören zu arbeiten – im Gegenteil.
Ich würde endlich das arbeiten, was mich erfüllt.
Nicht aus Zwang. Sondern aus Leidenschaft.

Grundeinkommen = Menschlichkeit

Ein Grundeinkommen wäre kein Freifahrtschein fürs Nichtstun.
Es wäre eine Antwort auf eine Welt, die Menschen verheizt, statt sie zu stützen.

Es würde nicht „die Faulen belohnen“.
Sondern die sichtbar machen, die jeden Tag still kämpfen:
Pflegende Angehörige. Alleinerziehende. Chronisch Kranke. Menschen in kreativen oder sozialen Berufen.
Alle, die im aktuellen System nur mit Ach und Krach irgendwie „mitlaufen“ – aber nie wirklich ankommen.

Ich schreibe diesen Beitrag, weil ich nicht mehr schweigen will

Weil ich weiß, dass ich nicht allein bin.
Weil ich jeden Tag Nachrichten von Menschen bekomme, denen es ähnlich geht.
Weil ich überzeugt bin, dass wir anders leben könnten – wenn wir es nur wirklich wollten.

🖋 Ich will eine Gesellschaft, in der nicht nur Leistung zählt.
🖋 In der niemand Angst vor Armut haben muss, nur weil der Körper nicht mehr mitmacht.
🖋 In der wir das Potenzial in Menschen sehen – nicht nur ihre Produktivität.

👉 Schreib mit. Denk mit. Teil mit.
Hier geht’s zur Blogparade.
Weil Menschsein kein Leistungsnachweis sein darf.
Und weil Luft zum Atmen keine Utopie sein sollte.

4 Gedanken zu „Chronisch krank & keine Chance? Warum wir ein Grundeinkommen brauchen“

  1. Hallo, ich verstehe vielleicht dein Problem. Aber ich glaube nicht, dass ein Grundeinkommen eine Lösung und auch nicht deine Lösung darstellt. Sozialleistungen müssen erwirtschaftet werden. In diesem Land werden nur noch Schulden aufgebaut. Ohne die wäre unser Land schon zusammengebrochen. Wer soll das Grundeinkommen erarbeiten, wenn nicht die, die verlässlich jeden Tag arbeiten, was sie ohnehin schon tun. Kranke und Schwache, angebliche Migranten usw. gibt es immer mehr, wer soll das bezahlen? Sozialleistungen, die keiner mehr bezahlen kann. Arbeit gibt es genug, aber gesunde oder willige Menschen, die diese Arbeit verrichten können, fehlen.
    Vielmehr steht für mich die Frage, warum das so ist. Wir helfen nicht, sondern wir schaffen unser Land ab. Vielleicht könnten wir uns sogar ein Grundeinkommen leisten, wenn unsere Atomkraftwerke noch arbeiten würden und nicht durch teuer Strom unsere Wirtschaft zerstört wird, wir verhältnismäßig helfen würden und nicht über unsere Verhältnisse. Wirklich helfen kann nur der, der etwas zu schenken hat. Wir haben schon lange nichts mehr zu verschenken. Deutschland braucht selbst Hilfe, denn wir sind inzwischen ein Entwicklungsland geworden vor lauter krankhafter Empathie. Das ist kein Helfen, sondern ein Zerstören.

    Machst du auch – so wie ich – 5 x in der Woche Morgensport, bist viel an der frischen Luft, fährst Rad und denkst positive und gute Gedanken, versuchst gesund und angemessen zu essen, meditierst, hast dich nicht impfen lassen, glaubst an dich und nicht an die Gesellschaft, geschweige denn an unsere Politiker? Du kannst dir nur selbst helfen, so leid es mir tut. Dein Körper macht mit dir, was er will. Lerne wieder, Macht über dich zu bekommen, aus dir heraus (das ist nicht böse und unmoralisch). Suche deinen Kraftort in dir und dein Licht. Das hat jeder. Diesen Ort kann dir niemand außer dir selbst schenken, aber auch nicht nehmen. Du musst nicht leiden, aber irgendwer in dir hat beschlossen, es so zu tun. Meditiere, stelle dir die Frage, was du brauchst und warte, was aus dir herauskommen möchte. Habe Geduld. Fühle, warte, fühle, irgendwann kommen die Antworten und deine Seele teilt sich dir mit. Nutze deine Migräne und gehe hinein, statt dich dagegen aufzubauen. Dein Körper reagiert so lange auf diese Weise, bis du ihn endlich anhörst. Trau dich, in deine Tragik hineinzugehen. So dunkel ist es dort gar nicht. Sei geduldig und demütig und gehe dabei immer in die Selbstliebe. Nimm die Migräne an und danke ihr. Sie will dich auf etwas aufmerksam machen. „Migräne, was möchtest du mir sagen? Was soll ich ändern in meinem Leben? Was tut so weh, dass es mich so leiden lässt?“ Welche Fragen soll ich mir stellen, damit ich erlöst werde?“ Gebete und Bitten an das Universum helfen dir dabei. Stell dir vor, die gleiche Macht und Kraft, die jetzt deine Migräne hat, gibt es in dir als Liebe, Freude und Lebenskraft. Lichtvoll, kraftvoll, liebevoll. Ich bin sicher, du hast genau das in dir. Es ist Zeit, dass du dich transformierst, wandelst. Habe den Mut und gehe auf deine Sonnenseite und verlasse würdevoll und achtsam deine Schattenseite – deine alten Muster. Du musst dich nur entscheiden. Bitte um Unterstützung, immer wieder. Höre die CD „Wünschen und bekommen“, sie kann ich wärmstens empfehlen.
    Danke übrigens für deine Zeilen zum Thema Offenheit und Ehrlichkeit. Über diesen Block bin ich hierhergekommen.
    Alles Gute für dich – Annett

    Antworten
    • Hallo Annett,
      vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Es tut mir leid, aber ich muss ganz ehrlich sagen: Er zeigt mir sehr deutlich, dass du mich, meine Situation – und auch den eigentlichen Kern meines Beitrags – überhaupt nicht verstanden hast.

      Ich kann nicht fünfmal die Woche Morgensport machen. Ich kann nicht täglich Rad fahren. Nicht, weil ich nicht will – sondern weil mein Körper nicht kann. Chronische Erkrankungen sind nicht mit einem Spaziergang oder einem grünen Smoothie „heilbar“. Auch nicht mit Meditation, Gebeten oder dem Verzicht auf eine Impfung.

      Dass du glaubst, meine Migräne sei eine Art „innerer Hilferuf“, den ich nur noch richtig deuten müsse, ist ehrlich gesagt… übergriffig. Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu akzeptieren, dass meine Erkrankung real ist – und nicht nur ein Zeichen mangelnder Selbstliebe. Dieser Weg war lang, hart und schmerzhaft. Deine Worte werfen mich gedanklich wieder in eine Ecke, aus der ich mich mühsam befreit habe.

      Wenn du wirklich verstehen möchtest, wie es ist, mit Migräne zu leben, lade ich dich ein, meinen Migräne-Guide zu lesen: https://gedankenteiler.de/migraene-guide-tipps. Dort schildere ich sehr offen, was das Leben mit dieser Krankheit bedeutet – jenseits von „Denk einfach positiv!“.

      Zum Thema Grundeinkommen: Dass du denkst, es müsse von den „Fleißigen“ für die „Schwachen“ erwirtschaftet werden, ist eine verbreitete, aber leider falsche Annahme. Ich empfehle dir die Faktenseite von Mein Grundeinkommen: https://www.mein-grundeinkommen.de/fakten/finanzierung Vielleicht hilft dir das, das Konzept in seiner tatsächlichen Tiefe zu verstehen – und nicht durch die Brille von Angst und Schuldzuweisung zu betrachten.

      Ich wünsche dir alles Gute – und die Offenheit, dich vielleicht noch einmal mit dem Thema zu beschäftigen. Nicht jeder Mensch, der Hilfe braucht, ist ein Problem. Manchmal ist er einfach nur ein Mensch.

      Roswitha

      Antworten
  2. Aufgrund solcher nettgemeinten Ratschläge vergeht mir eben schon wieder die Lust, mich zu Deiner gerade entdeckten Blogparade zu äuszern. Zu erzählen hätte ich allerhand… Aber ich habe entsprechende/ähnliche Beiträge in meinem Blog letzten Endes meist wieder gelöscht. Tue mir entsprenchend wohl- oder auch gar nicht wohlgesonnene Kommentare nicht mehr an.
    Ich denke, ich kann Dich gut verstehn!
    Und drück Dich mal ganz lieb.
    Mrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
    Mascha

    Antworten
    • Liebe Mascha,

      ich kann deine Reaktion so gut nachvollziehen. Solche „gut gemeinten Ratschläge“ treffen oft mitten ins Herz – und nicht im positiven Sinn. Sie zeigen leider, wie viele Mythen und Vorurteile rund um chronische Krankheiten noch immer existieren.

      Gerade deshalb finde ich es so wertvoll, wenn Menschen wie du ihre Erfahrungen teilen. Jede einzelne Stimme trägt dazu bei, dass wir ein realistischeres Bild zeichnen – weg vom „Du musst nur positiv denken“ hin zu mehr Verständnis und echter Sensibilität. Genau dafür habe ich die Blogparade gestartet: damit wir gemeinsam laut werden und zeigen können, wie das Leben mit chronischer Krankheit wirklich aussieht.

      Ich würde mich riesig freuen, wenn du dich trotz deiner Zweifel beteiligst. Denn: Je mehr wir erzählen, desto weniger können diese Klischees weiterbestehen.

      Danke für deine lieben Worte – und das feste Drücken nehme ich sehr gern an. 💜 Aronia gibt dir ein extralanges „Mrrrrrrrrr“ zurück. 🐾

      Herzliche Grüße
      Rosi

      Antworten

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