Als großer Fan von märchenhaften Geschichten, insbesondere von Klassikern wie Das letzte Einhorn, habe ich sehnsüchtig auf die Veröffentlichung von Ich fürchte, Ihr habt Drachen * gewartet. Schon die Leseprobe und das beeindruckende Cover hatten mich in ihren Bann gezogen. Ein Buch über Drachen, die endlich einmal nicht als böse Wesen dargestellt werden – was könnte besser sein? Leider musste ich am Ende feststellen, dass meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllt wurden.
Ein vielversprechender Einstieg – Magie in den ersten Zeilen
Gleich zu Beginn besticht Ich fürchte, Ihr habt Drachen durch einen wunderbar flüssigen Schreibstil, der mich sofort in eine andere Welt entführte. Die Atmosphäre war zauberhaft, fast greifbar, und die Charaktere wirkten auf Anhieb sympathisch. Besonders gefiel mir die Idee, Drachen aus einer neuen Perspektive zu erleben – als vielschichtige Wesen, die nicht nur auf Zerstörung aus sind.
Doch so vielversprechend der Anfang auch war, nach dem rasanten Einstieg kam die Geschichte bald ins Stocken. Die Handlung verlor an Schwung, und ich ertappte mich dabei, darauf zu warten, dass endlich etwas Spannendes passiert. Doch dieser Moment ließ lange auf sich warten.
Charaktere auf der Suche – Aber wohin?
Im Mittelpunkt des Buches stehen Figuren, die sich auf eine Reise der Selbstfindung begeben. Sie sind unterschiedlichen Alters, verschiedener Herkunft und alle haben eines gemeinsam: Sie kämpfen gegen äußere und innere Zwänge. Das Thema ist universell und trifft sicherlich den Nerv vieler Lesenden, doch die Umsetzung bleibt hinter den Erwartungen zurück. Es fehlte mir an emotionaler Tiefe und einer klaren Entwicklung der Charaktere. Auch wenn die Figuren mir ans Herz wuchsen, schaffte es die Handlung nicht, sie in ihrer ganzen Komplexität zum Strahlen zu bringen.
Besonders problematisch fand ich den plötzlichen Spannungsabfall in der Mitte des Buches. Während der Anfang vielversprechend, düster und rasant war, zog sich die Handlung dann in die Länge. Erst gegen die Hälfte nahm die Geschichte wieder an Fahrt auf – nur um kurz darauf, erneut abzuschwächen.
Poetisch, aber wirr – Die Erzählweise
Der Stil des Autors ist durchweg märchenhaft und fast schon poetisch. Für Fans von bildhafter Sprache und detailreichen Beschreibungen ist das sicherlich ein Highlight. Die malerischen Darstellungen der Landschaften und die liebevolle Ausarbeitung der Drachen und anderer Figuren waren definitiv die Stärken des Buches. Man kann sich die Szenen fast wie in einem Film vorstellen, so lebendig wird die Welt beschrieben.
Allerdings bringt dieser Stil auch einige Schwächen mit sich. An manchen Stellen wirkt die Erzählung langatmig und ausufernd. Hinzu kommt, dass die Handlung gegen Ende etwas wirr wird. Ich musste einige Passagen mehrmals lesen, um den Faden nicht zu verlieren, und selbst am Schluss blieben viele Fragen offen. Normalerweise mag ich offene Enden, aber hier fühlte es sich unvollständig an, als ob die Geschichte nicht richtig zu Ende erzählt wurde. Vielleicht ist das eine Vorbereitung auf einen zweiten Teil, doch in diesem Fall hätte ich mir ein runderes Finale gewünscht.
Fazit: Magischer Schreibstil, enttäuschende Handlung
Ich fürchte, Ihr habt Drachen ist ein modernes Märchen mit viel Potenzial, das leider nicht ganz ausgeschöpft wurde. Der bildhafte und poetische Erzählstil lässt einen in eine magische Welt eintauchen, die gerade Fans von märchenhafter Fantasy begeistern dürfte. Die Figuren sind sympathisch und wachsen einem ans Herz, doch die Handlung bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der Spannungsbogen bricht immer wieder ab, und die Geschichte verliert sich teilweise in langatmigen Passagen.
Wer sich jedoch auf die lyrische Sprache und die märchenhafte Atmosphäre einlässt, könnte trotzdem Gefallen an diesem Buch finden. Für mich persönlich war es ein zwiespältiges Leseerlebnis – einerseits faszinierend, andererseits enttäuschend. Fans von Drachen und modernen Märchen sollten dem Buch eine Chance geben, aber vielleicht mit etwas niedrigeren Erwartungen.
[* Vielen Dank an den Hobbit Presse für das kostenlose Rezensionsexemplar. Ich versichere, dass dieses keinen Einfluss auf die Bewertung des Buches hat und dieser Blogbeitrag einzig und allein meine persönliche Meinung widerspiegelt.]