Wikinger-Tugenden ohne Tiefgang

Als bekennender Wikinger-Fan mit einer Schwäche für nordische Mythologie, raue Männer mit Rauschebärten und starken Charakteren, war klar: Dieses Buch muss ich lesen! Schon der Titel versprach eine Reise in die Vergangenheit, gespickt mit urtümlicher Männlichkeit, Abenteuer und vielleicht ein paar spirituellen Einsichten, wie man mit Wikingertugenden den heutigen Alltag meistert. Spoiler: Ich habe definitiv etwas erlebt – allerdings nicht ganz das, was ich mir erhofft hatte… 😉

Inhalt und Stil

Ken Stornes nimmt uns mit auf seine ganz persönliche Reise zu mehr „Ausdauer, Mut und Entschlossenheit“, wie es im Untertitel so heldenhaft angekündigt wird. Dabei beruft er sich auf neun Tugenden der Wikingerzeit, die sein Leben geprägt haben sollen. Was vielversprechend klingt, entpuppt sich recht schnell als eine egozentrische Selbstinszenierung, die eher an eine moderne Männlichkeits-Performance erinnert als an eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Geschichte oder innerem Wachstum.

Der Stil ist geprägt von Selbstbewusstsein – oder sagen wir lieber: Selbstverherrlichung. Stornes stellt sich selbst als den ultimativen Wikinger-Nachfahren dar, der sich durch Eisbäder, extreme Workouts und zweifelhafte Rituale stählt. Klingt erstmal beeindruckend, aber der Tonfall ist durchgängig: „Schaut, wie hart ich bin!“ ⚔️

Kritikpunkte

Was mich am meisten enttäuscht hat: Die fehlenden historischen und kulturellen Hintergründe. Da wären so viele Chancen gewesen, dem Leser echtes Wissen über die Wikingerzeit, ihre Werte und Rituale zu vermitteln! Stattdessen bleibt alles sehr oberflächlich. Dinge wie das Ziegenschlacht-Ritual mit anschließender Bemalung in Blut (!) werden einfach so erzählt – ganz ohne Kontext, ohne Erklärung. Warum tut man das? Was steckt dahinter? Gibt es dafür eine spirituelle Basis? Oder will der Autor einfach nur schocken und seine „Härte“ beweisen?

Die Tugenden, die im Buch vorgestellt werden – wie Tapferkeit, Disziplin oder Loyalität – wirken wie eine Checkliste für ein toxisch-maskulines Männlichkeitsbild, das wenig Platz für Reflexion, Zweifel oder emotionale Tiefe lässt. Schade eigentlich, denn genau das hätte das Buch besonders machen können: Ein moderner Mann, der sich auf alte Werte besinnt und sie in unsere Zeit übersetzt – mit Herz und Verstand. Doch das bleibt leider Wunschdenken.

Was hätte ich mir gewünscht?

Ein bisschen weniger Testosteron-Gehabe und dafür mehr Substanz. Eine Einbindung der historischen Quellen. Einblick in nordische Mythologie, Lebensweise und spirituelle Überzeugungen der Wikinger. Und nicht zuletzt: Ein bisschen Bescheidenheit. 🧘‍♀️

Ein Mann, der sich wirklich mit dem Wesen der Wikinger befasst hat, wüsste, dass Stärke nicht nur aus dem Körper kommt, sondern vor allem aus Geist und Seele. Und genau das fehlt hier.

Fazit

Wer ein Buch sucht, das wirklich etwas über die Wikingerzeit vermittelt – kulturell, historisch oder spirituell –, wird hier enttäuscht. Wer sich für Selbstoptimierung durch Disziplin und eiskalte Duschen interessiert, findet sicher ein paar motivierende Abschnitte. Für mich bleibt Ken Stornes’ Werk aber ein Paradebeispiel für ein Projekt, das mehr Ego-Show als echter Erkenntnisgewinn ist. 📚

Auf dem Bild liegt ein Buch auf einer grob strukturierten, naturfarbenen Holzoberfläche. Das Cover zeigt einen muskulösen, kahlrasierten Mann mit dichtem Vollbart in Seitenansicht. Er hat die Augen geschlossen und ist mit Eis und Schnee bedeckt. Der Titel ist groß in Weiß und Hellblau geschrieben: „Mein Leben als letzter Wikinger“. Darüber steht der Autorenname Ken Stornes, darunter der Untertitel über Ausdauer, Mut und alte Tugenden. Das Buch wirkt kraftvoll und ruhig zugleich, als würde es nordische Stärke und inneres Gleichgewicht thematisieren.

[* Vielen Dank an den Mosaik-Verlag für das kostenlose Rezensionsexemplar. Ich versichere, dass dieses keinen Einfluss auf die Bewertung des Buches hat und dieser Blogbeitrag einzig und allein meine persönliche Meinung widerspiegelt.]

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