Zwischen Zweifel und Stolz: Mein Weg zum Marburg Award

Zwischen Zweifel und Stolz: Mein Weg zum Marburg Award

Die gute Nachricht:
Ich habe beim Marburg Award gewonnen. 🏆💬

Screenshot eines Facebook-Posts vom Marburg-Award 2025. Darin werden die Gewinner:innen des Marburg-Award bekannt gegeben: 1. Platz: ‚Der tote Raumfahrer‘ von Tobias Lagemann, 2. Platz: ‚Ewig verbunden‘ von Roswitha Böhm, 3. Platz teilen sich: ‚Zum Frühstück sind wir wieder zurück‘ von Felix M. Hummel und ‚Das Erwachen‘ von Torsten Scheib. Am Ende steht: ‚Wir gratulieren herzlichst […] und wünschen weiterhin viel Spaß und Erfolg beim Schreiben.‘ Zwei Emojis: rotes Herz und Daumen hoch.

Die schlechte:
Es hat „nur“ für den zweiten Platz gereicht.

Jetzt denkst du vermutlich sowas wie:
„Was hat sie denn für ein Problem? Zweiter Platz ist doch der Hammer! Sollte sich freuen!“
Und du hast recht.
Aber – wie so oft im Leben – ist das eben nicht ganz so einfach.

Als ich erfuhr, dass meine Kurzgeschichte „Ewig verbunden“ unter den besten Beiträgen gelandet ist, war ich natürlich erst mal überwältigt.
Ich meine: Hallo? Marburg Award! Einer der wichtigsten Preise für phantastische Kurzgeschichten in Deutschland! Und ich mittendrin! 😍
40 Einsendungen, davon so viele großartige Autor:innen – und ich auf Platz 2.

Ron, mein Mann, reagierte begeistert:
„Wie cool! Da kannst du richtig stolz auf dich sein!“
„Zweiter Platz?! Das ist MEGA!“

Und ich?
Ich saß da – und konnte es nicht richtig fühlen.

Warum?

Weil sich ganz tief in mir diese alte Stimme meldete.
Die Stimme, die sagte:
„Nicht gut genug.“
„Wenn du wirklich gut wärst, wärst du Erste geworden.“
„Fast gewonnen heißt halt trotzdem verloren.“

Alte Schatten, neue Erfolge

Wenn ich ganz ehrlich bin, begleiten mich diese Gedanken schon mein ganzes Leben.
In meinem Beitrag „Perfektionismus überwinden: Erfolgreicher durch Fehler“ habe ich einmal darüber geschrieben, wie schwer es mir fällt, Dinge einfach „nur gut genug“ sein zu lassen – statt immer nach einer unerreichbaren Perfektion zu streben.

Meine Kindheit war geprägt von zwei Erwartungen:

  • Von meiner Mutter hörte ich immer wieder: „Schaffst du eh nicht.“
  • Von meinem Vater kam der Druck: „Du musst irgendwas Großes erreichen – damit ich stolz auf dich sein kann.“

Kein Wunder also, dass selbst ein so toller Erfolg wie der zweite Platz bei einem Literaturpreis nicht sofort die Freude auslöste, die er verdient hätte.
Stattdessen fühlte es sich an wie damals bei den Bundesjugendspielen, wo ich im Weitsprung den vierten Platz belegte – knapp am Treppchen vorbei.
Und ich erinnere mich: Es tat mehr weh, fast oben zu sein, als gar nicht erst mitgemacht zu haben.

Ewig verbunden: Mein Spuk im Weltall

Vielleicht hilft es, wenn ich euch kurz erzähle, worum es in meiner Geschichte geht:

Ewig verbunden

Die Artemis, ein Forschungsschiff, das vor Jahren spurlos verschwand, taucht plötzlich wieder auf – leer und doch voller Leben.
Als ein Bergungsteam die scheinbar verlassene Hülle betritt, entfaltet sich ein Alptraum aus Dunkelheit und Wahnsinn.
Etwas hat die Kontrolle übernommen – etwas, das nicht vergessen hat, und das niemanden mehr gehen lässt.

Als ich die Ausschreibung „Spuk im Weltall“ las, wusste ich sofort: Das ist mein Thema. 👻🚀
Düster, emotional, mit einem Hauch kosmischem Wahnsinn – genau mein Stil.

Und weißt du was?
Ich habe mich getraut, obwohl die Stimme sagte: „Schaffst du eh nicht.“
Ich habe mich getraut, obwohl ich dachte: „Andere schreiben besser.“
Ich habe geschrieben, weil ich an mich geglaubt habe – zumindest ein kleines bisschen mehr als sonst.

Ohne diesen winzigen Funken Selbstvertrauen gäbe es „Ewig verbunden“ heute nicht.
Und ohne die Geschichte wäre ich niemals auf Platz 2 gelandet.

Lehren aus dem Schatten

In „Von der Last zur Leichtigkeit“ habe ich darüber geschrieben, wie befreiend es sein kann, alte Lasten abzulegen.
Genau das passiert gerade.

Ich lerne, dass Erfolg nicht bedeutet, auf Platz 1 zu stehen.
Erfolg bedeutet: trotz Angst den ersten Schritt zu gehen.

Ich lerne, dass Stolz nicht von außen kommen muss – nicht von Pokalen, Urkunden oder der Anerkennung anderer.
Stolz darf von innen wachsen.
Stolz ist, wenn ich in den Spiegel schaue und sagen kann:
„Ich hab’s gemacht. Ich hab mich getraut.“

Wie ich schon in „I am who I am“ geschrieben habe:

„Ich bin nicht perfekt. Aber ich bin echt. Und das ist mehr wert als jeder Preis.“

Die wahre Botschaft

Vielleicht schreibe ich diesen langen Beitrag nicht nur für dich – sondern auch für mich.
Als Erinnerung.
Als Anker.
Als Versprechen.

An all die, die gerade denken, dass sie nicht gut genug sind:
Du bist es.
Nicht, weil du perfekt bist.
Sondern, weil du es versuchst. Weil du deinen Weg gehst.
Und weil du nicht aufgibst.

Ich weiß jetzt:
Der wahre Sieg liegt nicht im ersten Platz.
Er liegt im Mut, überhaupt an den Start zu gehen.

Und ja, ich werde meinen zweiten Platz feiern. 🥂🎉
Denn er ist ein Symbol für all die kleinen, stillen Siege, die niemand auf einer Urkunde sieht – aber die mein Herz tanzen lassen.

Danke, dass du diesen Weg ein Stück mit mir gegangen bist. 💛

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