Bremen hat’s – Gemütliche Gassen und Zeitreisen

Auch wenn Bremen, zumindest wenn es nach den Einwohner geht, eben keine Großstadt (rechnerisch zählt die Hansestadt mit 500.000 Einwohner eben als jene), sondern ein „Dorf mit Straßenbahn“ ist, so hat die Stadt vieles zu bieten. Nicht unbedingt diese Hektik, die so viele Einwohner mit sich bringen, sondern dafür andere, kleinere, aber nicht weniger schönere Ecken. Wer einmal hier ist, und die „Ruhe der Großstadt“ sucht, sollte unbedingt einen Abstecher in den Schnoor machen. Eigentlich wollte ich mit meinem Liebsten auch nur einen Abstecher machen, um ihn diesen Stadtteil einmal zu zeigen. Was soll ich sagen? Es wurde ein halber Tag daraus, soviel gab es zu entdecken! 🙂

Schnorr-Geschichte

„Der Schnoor“, wie er von Einheimischen einfach nur genannt wird, heißt eigentlich „Schnoroviertel“. Es ist das älteste Viertel Bremens. In engen Gassen reihen sich kleine Häuser dicht an dicht. Eine Theorie besagt, dass daher auch der Namen kommt (Schnoor = Plattdeutsch für Schnur, weil die Häuser wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht sind). Eine andere erzählt davon, dass in diesem Teil des Fischerquartiers die Taumacher wohnten. Egal welche stimmt, es macht den Besuch nicht weniger erstrebenswert. 😉

Stöbern

In diesen „niedlichen“ (Fachwerk-)Häusern des 15. und 16. Jahrhunderts haben – ebenso kleine – Läden Einzug gehalten. Mit klein meine ich hier aber hier nicht das Sortiment, sondern Geschäfte mit einer urigen Gemütlichkeit. Es gibt jede Menge Schmiede-, Handwerks- und Handarbeitskunst. Ob kleine Püppchen, filigraner Schmuck, Kleidung oder Plüschtiere. Es gibt jede Menge zu entdecken, selbst ein Geschäft für  Kunst aus dem Erzgebirge, ebenso wie aus Afrika. Dazwischen immer mal wieder Kunst, nicht nur als Galerie, und Cafés. Ich kann nur empfehlen, sich hier wirklich treiben zu lassen, einfach mal in jeden Laden zu gehen – so uninteressant er auf den ersten Blick auch scheinen mag – und sich umzuschauen. Es gibt in jedem etwas zu entdecken. Garantiert!

Tipp: Im Schnorr darf auch sonntags (01.04.-31.12. von 11 bis 16:00 Uhr) geshoppt werden. Aber Achtung, an diesem Tag ist es immer besonders voll. Der Eindruck wird durch die engen Gassen natürlich noch verstärkt.

Auf Zeitreise  – Bremens Geschichte live erlebt

Wer eine gute Stunde Zeit hat und sich für die Geschichte der Hansestadt Bremen interessiert, für den Museen aber einfach nur sterbenslangweilig sind, dem empfehle ich einen Besuch im „Bremer Geschichtenhaus“. Vergesst das Lesen von irgendwelchen Infotafeln, hier benötigt man nur offene Ohren – wobei offene Augen auch nicht schlecht sind. 😉

Gut zu wissen: Es gibt eine Rollstuhlrampe, sowie einen Fahrstuhl. In jeder Station gibt es ausreichend Sitzmöglichkeiten. Wer also nicht ganz so gut zu Fuß ist, nicht lange stehen kann oder auf Rädern unterwegs ist, kommt ebenfalls in den vollen Genuss des Programms. 🙂

Entgegen weitläufiger Meinung verfügen auch Bremer durchaus über Humor. 😉

Bremer Geschichte wird hier lebendig erzählt und gespielt. Bremens Berühmtheiten, von der Mitte des 17. bis in das frühe 20. Jahrhundert, erzählen aus ihrem Leben. Wie konnte eine 20.000 Einwohner-Stadt, voller Kaufleuten und Handwerkern, einem 20.000 Mann starken bewaffneten Herr trotzen? Wie wurde die Stadt vor einer Feuerbrunst bewahrt? Was taten Fleuten (Handelsschiffe), wenn sie auf Piraten trafen? Was erzählte man sich so in Bremer Kaffeehäusern und wo ist eigentlich der Unterschied zwischen ungeröstetem und geröstetem Kaffee? Wie brachte der „Engel von Bremen“ (Gesche Margarethe Gottfried, geb. Timm) den Tod? Was widerfuhr Jürgen Heinrich Keberele, dass er nicht nur einer der berühmtesten Bewohner, sondern auch nur noch Heini Holtenbeen genannt wurde? … – Und das sind nur die Punkte, die bei unserer Führung gespielt wurden. Dadurch, dass es sich um wechselnde Schauspieler handelt, werden an anderen Tagen auch andere Stationen bespielt. Aber nicht nur dass, denn genau durch diesen Wechsel ist jede Aufführung, selbst bei der gleichen Station, ganz anders.

Was man auf den ersten Blick nicht erkennt: Es handelt sich hier um ein Integrationsprojekt für Langzeitarbeitslose. (Das macht es absolut nicht weniger interessant!) Das Geschichtenhaus ist einmalig in Deutschland und wurde eine Auszeichnung von Joachim Gauck für Idee und Umsetzung. Ob mit oder ohne Preis, mir (uns) hat es gut gefallen und, wenn die anderen Stationen bespielt werden, würde ich gerne wieder eine Zeitreise wagen.

Tipp: Immer freitags von 9 bis 10:30 Uhr gibt eine spezielle Vorführung für Vorschulkinder. (Voranmeldung ist erforderlich).

Mach(t) mal Pause

Wer nach so viel herumgelaufen nun eine Pause braucht, kann in eines der gemütlichen Cafés  oder kleinen Restaurant einkehren und dort z.B. Bremer Kaffee und Bremer Spezialitäten genießen. (Natürlich gibt es aber auch andere leckere Gerichte.) Da es meinem Schatz nach Eiscreme gelüstete, kehrten wir in eine Konditorei ein. (Ich nutzte die Gelegenheit um endlich den Punkt „Eiscreme mit Sahne“ von meiner Jahres-To-Do-Liste zu streichen. Auch wenn ich die Sahne dreimal bestellen musste, weil die (sehr) junge Frau anscheinend so ziemlich alles andere im Kopf hatte. Aber das Eis war dafür sehr lecker ;-).)

Fazit

Aus dem ursprünglich geplanten „kurzen Abstecher“ wurde ein halber Tag voller Erlebnisse. Ein wenig ist es, als sei im Schnorr die Zeit stehen geblieben und genau das macht ihn so unendlich liebenswert. Wer der Hektik des Alltags entfliehen möchte, sollte unbedingt durch die Gassen dieses ältesten Viertel Bremens schlendern.

P.S.: Fall es bei euer Tour regnet: In Bremen kennt man kein Schietwetter, nur falsche Kleidung. 😉

0 Gedanken zu „Bremen hat’s – Gemütliche Gassen und Zeitreisen“

  1. Da hat sich aber ein Fehlerteufel eingeschlichen, denn das Schnorr gibts in Bremen gar nicht, wohl aber das Schnoor, plattdütsch snoor. Von Shitwetter hab ich auch noch nie gehört, wohl aber vom Schietwetter. Schönes Wochenende!

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  2. Schön, mal so einen enthusiastischen Bericht zu lesen. Ich habe einige Zeit meiner Jugendrosenzeit in Bremen gelebt und unsere Freunde wohnten und lebten auch im Schnoor, also eine schöne Erinnerung.

    🙂

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