Ich hatte das Glück „Der Trick“ im Rahmen einer Leserunde kennen zu lernen, ansonsten hätte ich es vermutlich nicht einmal in die Hand genommen: Unscheinbares Cover, auf den ersten Blick eine langweilige Geschichte, ein recht hoher Preis, … Doch glücklicherweise habe ich das Buch gelesen und kann euch daher nun davon berichten. Soviel vorweg: Bisher mein TOP-BUCH 2016!
~°~ Das Buch ~°~
Emanuel Bergmann
Der Trick
Seiten: 400
Verlag: Diogenes / 24. Februar 2016
ISBN-13: 978-3257069556
~°~ Klappentext ~°~
Einst war er der ‚Große Zabbatini‘, der 1939 in Berlin als Bühnenzauberer Erfolge feierte, heute ist er ein mürrischer alter Mann in Los Angeles, der den Glauben an die Magie des Lebens verloren hat. Bis ihn ein kleiner Junge aufsucht, der mit Zauberei die Scheidung seiner Eltern verhindern will. Ein bewegender und aberwitziger Roman über verlorene und wiedergewonnene Illusionen.
~°~ Eindrücke/ Meinungen ~°~
~ Cover ~
Das Cover will einfach nicht recht zum Inhalt passen, das wird selbst dem Noch-Nicht-Leser klar, wenn er nur den Klappentext liest. Es bleibt die Frage was die kleinen Teufelchen sein sollen, etwa die Magie von der die Rede ist? Oder doch eher ein Gewissenskonflikt, aber wo bleibt dann das Engelchen? Und wer der Charaktere ist denn der junge Mann überhaupt? Haben wir gar die Ehre hier den ‚Großen Zabbatini‘ zu Gesicht zu bekommen? – Erst wenn man sich auf die Suche begibt, so findet man im Schutzumschlag den Hinweis darauf, dass es sich lediglich um einen Ausschnitt handelt. Es zeigt einen Teil des Plakates „Thurston the Great Magican Holding Skull“ aus dem Jahr 1915. Eine weitere Erklärung erhält der Leser leider nicht ohne eigene Nachforschungen anzustellen. Ich finde das Bild, wie auch das Cover, weder zum Inhalt des Buches passend, als auch absolut nicht schön.
~ Inhalt ~
Zwischen Max Eltern läuft es nicht mehr so gut, daher wollen sie sich scheiden lassen. Der 10jährige Max ist sich absolut sicher, dass es seine Schuld ist, denn als er vor kurzem Streit mit seinem Vater hatte, hat er sich gewünscht, dass dieser verschwindet. Aber DAS wollte Max nun wirklich nicht! Bei seinem Vater findet er die Schallplatte des „Großen Zabbatini“. Bei dem letzten Zauber handelt es sich um einen Liebeszauber. Perfekt! Max will sich sofort ans Werk machen, doch leider hat die Platte genau bei diesem Spruch einen Sprung. Wenn er die Beziehung seiner Eltern retten will, bleibt ihm nur eine Möglichkeit: Er muss Zabbatini finden!
~ Meinung ~
Max ist 10 Jahre alt und offensichtlich ein aufgeweckter Junge, daher passt es nur bedingt wie naiv er hier beschrieben wird. Die wenigsten Kinder in diesem Alter glauben noch an wirkliche Zauberei, Max aber beharrt förmlich darauf. Als selbst „der Zauberer“ ihm erklären will, dass es sich nur um Tricks handelt stellt er auf stur. Das finde ich doch sehr übertrieben. – Es wird ein Gedankenlesertrick verraten, den ich dann direkt mal an Freunden ausprobiert habe: Nein, leider funktioniert er nicht! 😉
Das als Hauptprotagonist Mosche (aus dem später der ‚Große Zabbatini‘ wird) gewählt wurde ist doppelt spannend, denn er ist Jude. So erlebt man nicht nur den Werdegang des Zauberers, sondern begleitet ihn auch durch die Zeit des Naziregimes. Vom Charakter ist Mosche ziemlich aufgeschlossen und gerissen, wenn es um die Liebe geht auch ab und an ein wenig naiv. Später merkt man, dass er und Max gar nicht so unterschiedlich sind. Beide waren mir auf Anhieb sympathisch.
„Der Trick“ umfasst eigentlich mehrere Geschichten gleichzeitig: ein Jude der um das Überleben kämpft, ein Junge der sich die Schuld an der Trennung seiner Eltern gibt, gleich zwei Beziehungsgeschichten, Aufstieg und Fall eines Künstlers, … Kurz gesagt: Es wird einfach nicht langweilig!
Was wirklich großartig ist, ist der Humor. Die Protagonisten sagen oder denken etwas, dass dann so trocken rüberkommt, dass man als Leser einfach Lachen muss. Oft hat eines derben Touch („Schwarzer Humor“), aber genau das liebe ich, wenn es denn nicht komplett überzogen ist. Irgendwie ist es wie im „richtigen“ Leben – und tatsächlich lassen sich auch viele Parallelen entdecken. Als z.B. Rifka ihr Baby bekommt, gehen ihr die interessantesten Dinge durch den Kopf wie was sie da eigentlich macht, schließlich hasst sie Menschen oder aber als die Hebamme die werdende Mutter zum Pressen „Was weiß die denn schon?“. Stellt man sich nun die Situation dazu bildlich vor, kann man irgendwie gar nicht mehr anders, als mindestens zu schmunzeln. Einfach herrlich!
~ Schreibstil ~
Während ich die ersten Seiten noch mit einem mulmigen Bauchgefühl las, weil mir der Schreibstil einfach viel zu langweilig war, wurde ich von Seite zu Seite regelrecht in das Buch gesogen. Nach einem kurzen Einblick in die Vergangenheit (20er Jahre) schwankt der Autor in die Gegenwart und ab hier ändert sich auch der Schreibstil. Er ist angepasster, moderner – und lässt sich leichter lesen. Die Perspektive wechselt meist Kapitelweise: Im einem Moment erfährt der Leser etwas die Vergangenheit des Zauberers (der ja eigentlich kein Zauberer ist) und im nächsten begleitet er Zabbatini als geknicktes Häufchen Elend in der Gegenwart (21. Jahrhundert). Dieser Perspektivwechsel ist sehr gut gewählt, denn erst nach und nach erfährt der Leser was eigentlich passiert ist …
~°~ Fazit ~°~
Ein wirklich abwechslungsreiches und spannendes Buch mit einer Menge (schwarzem) Humor. Mal lustig, mal dramatisch, dann wieder hoffnungsvoll und traurig. Es gibt nicht viel, was dieses Buch nicht ist. Es hat mich verzaubert! 😉